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Rechtsschutzbedürfnis

Wann ist das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis schutzbedürftig?

Rechtsschutz vor Gerichten soll jeder erhalten, der schutzwürdige eigene Interessen verfolgt; wenn hingegen ein solches Rechtsschutzbedürfnis nicht vorliegt, darf das Gericht nicht in Anspruch genommen werden. Dieser Gedanke spielt in unterschiedlichem Maße bei jedem Klagebegehren eine Rolle.

Wer sich mit einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt wendet oder mit einer Verpflichtungsklage einen Verwaltungsakt erstreiten will, muss geltend machen, durch den Verwaltungsakt bzw. durch die Ablehnung seines Antrags auf Erlass eines Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Das Verwaltungsgericht prüft von Amts wegen, ob diese Klagebefugnis vorliegt - fehlt sie, muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden. Damit sollen die so genannten Popularklagen vermieden werden: Rechtsschutz erhält nur, wer die Beeinträchtigung einer ihm von der Rechtsordnung zugeordneten Rechtsposition geltend macht.

Das ist immer dann unproblematisch, wenn ein belastender Verwaltungsakt angefochten wird, der an den Kläger oder die Klägerin adressiert ist (Beispiel: Abgabenbescheid), oder wenn ein Verwaltungsakt erstritten werden soll, auf den jeder, der die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, einen Rechtsanspruch hat (Beispiel: Baugenehmigung). Die Frage, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist oder ob der mit der Klage geltend gemachte Anspruch wirklich besteht, ist demgegenüber nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Begründetheit der Klage zu entscheiden.

Wer hingegen als Sachwalter von Interessen auftritt, die die Rechtsordnung nicht ihm, sondern anderen oder der Allgemeinheit zugeordnet hat, ist nicht klagebefugt.

Wenn beispielsweise ein Kläger vor Gericht geltend macht, das städtische Rathaus dürfe nicht umgebaut oder abgebrochen werden, weil es ein Baudenkmal sei, so wäre eine solche Klage nicht zulässig: Selbst wenn das Rathaus wirklich denkmalwert oder sogar schon in die Denkmalliste eingetragen wäre, wäre es nicht die Sache des Klägers, dies vor Gericht durchzusetzen; das Denkmalrecht dient öffentlichen Interessen und nicht dem privaten Interesse des einzelnen.

Dieselben Überlegungen gelten für eine Klage, mit der die landschaftsschutzrechtliche Unterschutzstellung eines Landschaftsteils erreicht werden soll. Auch hier haben einzelne Bürgerinnen und Bürger kein Klagerecht, weil die Rechtsordnung ihnen dieses Recht nicht zuweist. Ebenso gilt natürlich: Der Eigentümer eines betroffenen Grundstücks kann sich vor Gericht gegen die Unterschutzstellung seines Grundstücks wehren, weil damit seine Eigentumsposition betroffen ist.

Ähnliche Überlegungen gelten auch für die Feststellungsklage: Eine solche Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger bzw. die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses hat (Feststellungsinteresse).

Hier spielt es eine Rolle, dass die Feststellungsklage ohnehin nur dann statthaft ist, wenn das Klageziel nicht mit Hilfe einer Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage erreicht werden kann.

Das Rechtsschutzbedürfnis bei einer Leistungs- oder Unterlassungsklage bereitet im Allgemeinen wenig Schwierigkeiten. Wer ein bestimmtes behördliches Handeln erzwingen oder verhindern will, macht geltend, dass ihm ein entsprechender Anspruch zusteht. Hier wie auch bei allen anderen Klagearten kann das Rechtsschutzbedürfnis nur in eher seltenen Ausnahmefällen fehlen; vor allem drei Gesichtspunkte können eine Rolle spielen:

1. Ein Bedürfnis, gerichtlichen Rechtsschutz zu erhalten, fehlt, wenn man das Klageziel anders als mit Hilfe eines gerichtlichen Verfahrens leichter erreichen kann. So darf eine Behörde nicht ohne weiteres eine gegen einen Bürger oder eine Bürgerin gerichtete Leistungsklage erheben, wenn sie ihren Anspruch auch mit Hilfe eines Zahlungsbescheids durchsetzen kann. Umgekehrt dürfen Bürgerinnen und Bürger nicht sofort Klage erheben, wenn sie ihr Ziel auch dadurch erreichen können, dass sie zunächst einen Antrag an die zuständige Behörde richten.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch in dem Fall, wenn das Klageziel in keiner Weise mehr erreichbar ist: Die Tätigkeit des Gerichts wäre in einem solchen Fall sinnlos.

Allerdings ist bei derartigen Konstellationen Vorsicht geboten. Denn das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht schon dann, wenn die Erfolgsaussichten einer Klage gering sind - dies ist keine Frage der Zulässigkeit. In denselben Zusammenhang gehört der Fall eines bei Klageerhebung schon erledigten Klagebegehrens: Wenn die Behörde einen belastenden Verwaltungsakt bereits aufgehoben hat, kann dagegen nicht mehr geklagt werden. Auch hier muss jedoch genau geprüft werden: Wenn der belastende Verwaltungsakt erst nach Klageerhebung aufgehoben wird, kann der Kläger oder die Klägerin trotz Wegfalls der Belastung ein Interesse daran haben, dass die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts vom Gericht festgestellt wird (Fortsetzungsfeststellungsklage§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Ein solches Interesse besteht etwa dann, wenn zu befürchten ist, dass die Behörde einen gleichartigen Verwaltungsakt nach Abschluss des Verfahrens erneut erlassen könnte.

3. Schließlich gibt es Fälle, in denen eine Klage missbräuchlich ist. Wenn eine Klage beispielsweise ausschließlich das Ziel hat, Dritte zu schädigen und nicht eigene Rechte durchzusetzen, kann das Rechtsschutzinteresse fehlen. Gerade hier muss aber jeder Einzelfall genau betrachtet werden, da es nur um seltene Ausnahmefälle geht.