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Das Ermittlungsverfahren

Die Stellung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren

In Kriminalfilmen ermittelt immer nur die Kriminalpolizei. Was hat denn die Staatsanwaltschaft mit solchen Ermittlungen zu tun?

Nach obenStellung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren

Die Aufgaben der Staatsanwaltschaft anlässlich eines Ermittlungsverfahrens unterscheiden sich in Europa von Staat zu Staat zum Teil grundlegend. In einigen anderen Staaten, z.B. in Frankreich oder Österreich, werden Ermittlungsaufgaben, die in Deutschland die Staatsanwaltschaft, ggf. im Zusammenwirken mit anderen Strafverfolgungsbehörden, wahrnimmt, von Ermittlungsrichtern ausgeführt. Es ist deshalb angebracht, zunächst ein wenig auf die Stellung der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren nach deutschem Recht einzugehen.

Was hat es mit dem Satz "Die Staatsanwaltschaft ist die Herrin des Ermittlungsverfahrens" auf sich?

Was hat es mit dem Satz "Die Staatsanwaltschaft ist die Herrin des Ermittlungsverfahrens" auf sich?

Nach obenHerrin des Verfahrens

Nach deutschem Recht obliegt es der Staatsanwaltschaft, jedem Verdacht einer Straftat nachzugehen. Diese Verpflichtung zur Ermittlung ist Ausdruck des Legalitätsprinzips. Es steht im Zusammenhang damit, dass, vom Sonderfall der Privatklage abgesehen, nur die Staatsanwaltschaft berechtigt ist, wegen einer Straftat eine Anklage ("öffentliche Klage") vor einem Strafgericht zu erheben. Dies wird als "Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft" bzw. Offizialprinzip bezeichnet. Daraus ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaften die Entscheidungsgewalt über den Gang und Abschluss von Ermittlungsverfahren haben. Die Staatsanwaltschaft wird daher als "Herrin des Verfahrens" bezeichnet.

Nach obenVerhältnis von Staatsanwaltschaft und Polizei

Die Strafprozessordnung bezeichnete die Angehörigen von Strafverfolgungsbehörden außerhalb der Staatsanwaltschaft als "Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft", die den Anordnungen der Staatsanwaltschaft Folge zu leisten haben (§ 152 Abs. 1 GVG). Dies begründet eine herausgehobene Funktion der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren. Letztlich sind ihr - anders als in den meisten Fernsehkrimis - alle wichtigen Entscheidungen vorbehalten.

Vor allem ist die Entscheidung, ob das Ermittlungsverfahren eingestellt oder Anklage erhoben wird, allein der Staatsanwaltschaft vorbehalten. Dementsprechend führt die zuständige Staatsanwältin oder der zuständige Staatsanwalt in wichtigen Ermittlungsverfahren, beispielsweise Kapital- und Wirtschaftsverfahren oder Verfahren aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, die Ermittlungen selbst und beauftragt die übrigen Strafverfolgungsbehörden mit bestimmten Ermittlungsmaßnahmen.

In Verfahren der kleineren bis mittleren Kriminalität ist es aber - im Rahmen von insoweit zwischen der Staatsanwaltschaft und der Polizei getroffenen Absprachen - üblich, dass die Polizei die Ermittlungen zunächst führt und die Akten der Staatsanwaltschaft erst vorlegt, wenn die Polizei die Ermittlungen für abgeschlossen hält oder besondere staatsanwaltschaftliche Entscheidungen zu treffen sind.

Kann es sein, dass auch einmal ein Staatsanwalt einen Freispruch beantragt?

Nach obenDie Staatsanwaltschaft ist keine Partei

Die Staatsanwaltschaft ist weder im Ermittlungsverfahren noch im gerichtlichen Hauptverfahren eine Partei, wie wir sie im Zivilprozess kennen. Insbesondere ist sie nicht "Gegnerin" der bzw. des Beschuldigten oder Angeklagten. Denn sie darf nicht einseitig gegen die oder den Beschuldigten ermitteln, sondern muss gleichermaßen belastende und entlastende Umstände ermitteln (§ 160 Abs. 2 StPO).

§ 160 Abs. 2 StPO lautet: Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist.

Die Staatsanwaltschaften kommen dieser Verpflichtung auch nach, denn weit über die Hälfte aller Ermittlungsverfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte werden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Ebenso ist es nicht ungewöhnlich, dass auch die Staatsanwaltschaft in der gerichtlichen Hauptverhandlung einen Freispruch beantragt.

Sie ist außerdem verpflichtet, die persönlichen Verhältnisse einer Beschuldigten bzw. eines Beschuldigten aufzuklären, soweit es für die Entscheidung (vor allem des Gerichts nach Anklageerhebung) darauf ankommen kann.