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Der Bebauungsplan Lü 148 - T.-----weg - der Stadt E. ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Lü 148 - T.-----weg - der Antragsgegnerin.
3Der Bebauungsplan überplant ein bislang weit überwiegend unbebautes Areal, das südöstlich des Ortsteils P. der Antragsgegnerin liegt. Die dichte Bebauung des Ortsteils reicht bis an die Westseite der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden F. -H. -Straße bzw. der Straße In der P1. , die eine Verbindung zwischen der F. -H. -Straße und dem von Südosten nach Nordwesten in den Ortsteil P. hinein führenden T.-----weg darstellt. Das Plangebiet erstreckt sich von der Ostseite des Straßenzugs F. -H. -Straße/In der P1. bis zur rd. 300 bis 400 m östlich verlaufenden Bundesautobahn A 45 und reicht von der Südseite des T1.----- wegs rd. 400 bis 250 m nach Süden. Die weiteren Details ergeben sich aus dem nachfolgenden Kartenausschnitt.
4Die Antragsteller sind Eigentümer des im westlichen Bereich des Plangebiets nahe der F. -H. -Straße gelegenen Grundstücks S.---weg 5 (früher: T2. Weg 10). Dieses ist mit einem älteren Wohnhaus bebaut, das von den Antragstellern selbst und Mietern bewohnt wird. Zwei weitere Wohnhäuser stehen nördlich bzw. westlich des Hauses der Antragsteller. Der übrige Bereich des Plangebiets, das überwiegend im Eigentum der Antragsgegnerin steht, ist unbebaut und wird weitgehend als Ackerland genutzt. Teilbereiche sind von den Antragstellern gepachtet und werden von ihnen als Garten genutzt. Der östliche Bereich des Plangebiets wird in Nord-Süd-Richtung von zwei Hochspannungsfreileitungen (380 bzw. 110 kV) durchquert, die etwa parallel zur A 45 verlaufen.
5Der Bebauungsplan setzt für den gesamten westlichen Bereich des Plangebiets einschließlich der drei bereits vorhandenen Wohnhäuser allgemeine Wohngebiete fest. Diese sollen unmittelbar von der F. -H. -Straße bzw. dem T.-----weg sowie im übrigen über Stichstraßen erschlossen werden, die von der F. -H. - Straße bzw. der Straße In der P1. in das Plangebiet hineinführen. Der zur Bebauung vorgesehene westliche Bereich des Plangebiets ist ferner durchzogen von untereinander verbundenen Flächen für die Niederschlagswasserbeseitigung. Hier soll ein vernetztes System öffentlicher Versickerungsflächen (Mulden-Rigolen- System) angelegt werden, dem die auf den privaten Grundstücken anfallenden Niederschlagswässer zugeführt werden sollen. In die Baugebietsausweisungen eingestreut sind mehrere kleinere Grünflächen, die als Hausgärten (privat) bzw. Spielplatz (öffentlich) ausgewiesen sind.
6Im Osten reichen die Baugebietsausweisungen bis auf 25 m und die hierfür festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen bis auf 31,50 m an die Achse der westlichen Hochspannungsfreileitung heran. Auch die festgesetzten Verkehrsflächen und Flächen für die Niederschlagswasserbeseitigung enden vor der westlichen Hochspannungsfreileitung. Für den weiter östlich gelegenen Bereich des Plangebiets bis zur A 45 sind Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ausgewiesen. Diese sind als Flächen für in den textlichen Festsetzungen näher umschriebene Maßnahmen zum Eingriffsausgleich den im Plan gekennzeichneten Eingriffsflächen zugeordnet. Auf diesen Flächen soll auch ein Netz von Rad- und Wanderwegen angelegt werden, die an die westlich der Hochspannungsfreileitung endenden Verkehrsflächen angebunden werden sollen. Der Plan weist ferner zwei Flächen für den Waldersatz aus, die über 2 km südlich des Plangebiets an der Nordseite der Bundesautobahn A 44 (westlich des Autobahnkreuzes A 44/A 45) vorgesehen sind.
7Für die ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiete sind weit überwiegend eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 und eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,8 festgesetzt; lediglich für die Bereiche mit der vorhandenen Bebauung - auch der Antragsteller - beträgt die GRZ 0,3 und die GFZ 0,6. Die Zahl der Vollgeschosse ist durchgehend auf zwei begrenzt. Der Plan setzt ferner Traufhöhen bzw. Firsthöhen fest und gibt für die weitgehend in West-Ost-Richtung ausgerichteten Bauzeilen abwechselnd die Errichtung nur von Einzelhäusern bzw. nur von Doppelhäusern vor.
8Für die entlang der Südseite des T1.-----wegs verlaufende Bauzeile am Nordrand des Plangebiets ist folgende abweichende Bauweise vorgegeben:
9"Es ist eine geschlossene, durchgehend zweigeschossige Doppelhauszeile zu errichten, die folgende Merkmale aufweist:
10- Die Garagen werden im 1. Obergeschoss mit Wohnraum überbaut.
11- Der Nachbar hat an die überbaute Garage in der gleichen Flucht und Traufhöhe anzuschließen. Ist die natürliche Hangneigung auszugleichen, können ausnahmsweise unterschiedliche Höhen gewählt werden."
12In § 3 der textlichen Festsetzungen ist die Anzahl der Wohnungen wie folgt begrenzt:
13"Je Wohngebäude ist eine Wohnung zulässig. Eine 2. Wohneinheit ist ausnahmsweise bei Einliegerwohnungen im Obergeschoss zulässig, sofern die Wohneinheit nicht größer als 65 m2 ist. Die erforderlichen Stellplätze sind auf dem eigenen Grundstück nachzuweisen."
14Für zwei kleinere Bereiche (Ostrand der südlich des T1.-----wegs gelegenen Bauzeile, Baufläche an der F. -H. -Straße südlich der Einmündung der Straße In der P1. ) sind Vorkehrungen aktiven Lärmschutzes (Wand bzw. Wall) vorgesehen. Im übrigen enthalten die textlichen Festsetzungen Vorgaben für passiven Lärmschutz durch Grundrissgestaltung und Baukörperanordnung sowie schallschützende Außenbauteile.
15Die textlichen Festsetzungen enthalten des weiteren Vorgaben für die Lage von Garagen, Carports und und Stellplätzen, für die Führung von Ver- und Entsorgungsleitungen, für Geh- und Leitungsrechte, für Anpflanzungen und zur Reduzierung des Versiegelungsgrades. Sie regeln Details der Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft, setzen die Höhenlage des Geländes auf den Baugrundstücken fest und treffen gestalterische Regelungen.
16Schließlich enthält der Bebauungsplan diverse Hinweise. Sie beziehen sich u.a. auf die wegen frührerer Bergbauaktivitäten gegebene Notwendigkeit, bestimmte gekennzeichnete Flächen zu sanieren, um die Standsicherheit der zukünftigen Bebauung herzustellen, auf die Empfehlung, wegen potentieller Methangasaustritte im Einzelfall zu prüfen, ob unter geplanten Gebäuden eine Gasflächendrainage oder ein vergleichbares Sicherungssystem geplant und installiert werden muss sowie auf die Sicherung unterirdischer Gebäudeteile vor Grund- und/oder Stauwasser.
17Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans nahm folgenden Verlauf:
18Auf der Grundlage des Siegerentwurfs eines studentischen Ideenwettbewerbs wurde ein Konzept für zwei Quartiere mit unterschiedlichem Charakter entwickelt, nämlich im Norden ein durch einen Investor in einem zusammenhängenden Bauabschnitt kurzfristig zu realisierendes Modellprojekt "Nachhaltiges Bauen" mit flächensparendem Einfamilienhausbau und im südlichen Teil ein Bereich von Einzel- und Doppelhäusern für eine Einzelvermarktung ohne Bauträgerbindung. Am 25. Oktober 2000 fasste der Ausschuss für Umwelt, Stadtentwicklung und Wohnen der Antragsgegnerin (AUSW) den am 8. Dezember 2000 bekannt gemachten Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Lü 148 u.a. mit der Maßgabe, dass Restriktionen, wie die Lärmbelastung durch den Verkehr der A 45, des T1.-----wegs und der F. -H. -Straße bei der weiteren Planung zu beachten seien; der Bereich der Hochspannungsleitungen sei von einer Bebauung auszuschließen.
19Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB wurden zahlreiche Einwendungen gegen den Plan - u.a. auch von den Antragstellern - vorgebracht. Die Einwender wiesen insbesondere auf die hohe Belastung des Ortsteils P. durch Straßenverkehr und den damit verbundenen Lärm hin, auf den Leerstand von Wohnungen in E. , auf Auswirkungen von "Elektrosmog" durch die Hochspannungsleitungen, auf Beeinträchtigungen des Klimas (Frischluftbahn) und der Tierwelt sowie auf Methangasaustritte und einen befürchteten Grundwasseranstieg. Träger öffentlicher Belange wurden beteiligt. Am 18. Juni 2003 beschloss der AUSW, das Plangebiet etwas zu erweitern und den Planentwurf offenzulegen. Diese Offenlegung fand gemäß Bekanntmachung vom 20. Juni 2003 in der Zeit vom 30. Juni bis 30. Juli 2003 statt; Träger öffentlicher Belange wurden erneut beteiligt. Es gingen wiederum zahlreiche umfangreiche Einwendungen gegen den Plan ein, u.a. von der Bürgerinitiative "Pro P2. Lebensraum e.V.", für die die Antragstellerin handelte, und von den Antragstellern persönlich.
20Am 18. Dezember 2003 befasste sich der Rat der Antragsgegnerin mit den eingegangenen Stellungnahmen, denen er im Wesentlichen nicht folgte. Er beschloss einige Modifikationen des Planentwurfs und sodann den Bebauungsplan als Satzung und die Beifügung der aktualisierten Begründung. Der Satzungsbeschluss wurde am 30. Januar 2004 bekanntgemacht.
21Die Antragsteller haben am 2. April 2004 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung tragen sie insbesondere vor:
22Ein aktueller Wohnbedarf müsse über die Zurverfügungstellung des betroffenen Bereichs als Wohnbaufläche nicht gedeckt werden. Dass die Planung Wünsche decken solle, die erst geweckt werden sollten, sei nicht grundsätzlich vorwerfbar. Hier entstehe aus der Bildung eines Sondervermögens in Verbindung mit dem defizitären Gemeindehaushalt jedoch ein Zwang zur Vermarktung. Die Bauleitplanung mutiere zum Instrument der Wirtschaftsplanung, weil die Antragsgegnerin ein vitales - finanzielles - Interesse an der Verwirklichung ihrer Optionen habe. Bei der vorliegenden Planung seien daher die dem Projekt entgegenstehenden Positionen verdrängt bzw. nicht vorauslaufend minimiert worden.
23Im Einzelnen ergäben sich durchgreifende Mängel des Plans insbesondere unter folgenden Aspekten:
24Zur Gefahrenvorsorge im Hinblick auf Methangasaustritte und mangelnde Standsicherheit wegen früherer Bergbauaktivitäten seien Maßnahmen vorgesehen, die ihrerseits die Situation für den Altbestand - etwa auch ihres, der Antragsteller, Wohnhauses - verschärften. Dies gelte auch für die vorgesehene Niederschlagswasserbeseitigung. Insoweit sei nicht nachvollziehbar, wie der Abfluss des Oberflächenwassers ohne Belastung ihres - der Antragsteller - Hausbestands erfolgen könne. Gegenüber dem vorhandenen Verkehrslärm der Autobahn und der anderen Straßen solle sich die Neubebauung so abschotten, dass die Stellung des Baukörpers Schallschutz für ihn selbst und für die anderen Baukörper vermittele. Zugleich solle das Neubaugebiet von Planstraßen durchzogen werden. Dieser Verkehrszunahme sei der Altbestand ungeschützt ausgesetzt. Nicht berücksichtigt sei, dass auch Lärmbelastungen unterhalb von Grenzwerten abwägungsrelevant seien. Da die zur Bebauung freigegebene Fläche dem Luftaustausch diene, könne auf die Grünenklave generell nicht verzichtet werden. Der Ausgleich des entfallenden Waldgürtels an der A 45 durch die Waldersatzflächen an der A 44 sei unzureichend. Bei der Zuordnung von Alt- und Neubebauung würden die baulichen Abstandflächen unterlaufen und es seien zwangsläufig Schattenwurf und Luftentzug vorprogrammiert.
25Die Antragsteller beantragen,
26den Bebauungsplan Lü 148 - T.-----weg - der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
27Die Antragsgegnerin beantragt,
28den Antrag abzulehnen.
29Sie trägt insbesondere vor, die städtebauliche Zielsetzung des Plans, weitere Eigenheimnutzungen in einer attraktiven Wohnlage im Westen der Großstadt E. zu ermöglichen, um einer Abwanderung von Teilen der Bevölkerung in das Umland entgegen zu steuern, sei gerechtfertigt. Altlasten und Methangasaustritte seien ausführlich gutachterlich geprüft. Eine Lösung möglicherweise auftretender Konflikte sei rechtmäßigerweise auf das Baugenehmigungsverfahren verlagert. Gleiches gelte für die bergbaulich-geotechnische Situation im Plangebiet. Die Versickerung des Niederschlagswassers sei besonders umfangreich in mehreren Gutachten überprüft worden mit dem fachwissenschaftlichen Ergebnis, dass die geplante Versickerung des Niederschlagswassers im Plangebiet geeignet sei. Die Verkehrslärmproblematik sei gleichfalls Gegenstand mehrerer Gutachten gewesen. Die dort genannten Maßnahmen zur Verkehrslärmminderung seien weitestgehend übernommen bzw. in der Abwägung berücksichtigt oder rechtmäßigerweise auf die Ebene des Baugenehmigungsverfahrens verlagert. Schließlich komme der landschaftspflegerische Fachbeitrag zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung ein Vollausgleich erzielt werden könne.
30Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellungsvorgänge, Pläne und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe:
32Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
33Die Antragsteller sind im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Hierfür genügt die Darlegung substantiierter Tatsachen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des strittigen Bebauungsplans in einem Recht verletzt werden. Eine solche Rechtsverletzung kommt auch in Betracht, wenn der Antragsteller geltend macht, dass das Recht auf Abwägung seiner eigenen Belange im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB (früher: § 1 Abs. 6 BauGB) verletzt sei, das dem Privaten ein subjektives Recht darauf gibt, dass seine Belange in der Abwägung ihrem Gewicht entsprechend abgearbeitet werden.
34Vgl.: BVerwG, Urteil vom 24. September 1998
35- 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46.
36Nach diesen Maßstäben sind die Antragsteller antragsbefugt. Sie haben substantiiert geltend gemacht, die Ausweisung neuer Bauflächen in unmittelbarer Nachbarschaft ihres Wohngrundstücks verletze ihr abwägungsrelevantes Interesse, insbesondere vor zusätzlichem Verkehrslärm sowie vor eventuellen Beeinträchtigungen durch Niederschlagswasser und vor nachteiligen Veränderungen durch potentielle Methangasaustritte geschützt zu werden.
37Der Antrag ist auch begründet.
38Dem angegriffenen Plan fehlt zwar nicht die erforderliche städtebauliche Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB (1). Er leidet jedoch zumindest an zwei Mängeln. Die im Plan getroffenen Festsetzungen zur Begrenzung der zulässigen Anzahl von Wohnungen je Wohngebäude sind teilweise nicht von einer einschlägigen Rechtsgrundlage gedeckt (2). Des weiteren hat die Antragsgegnerin die Belange des Schutzes der neuen Wohnbebauung vor Straßenverkehrslärm in einer sowohl vom Vorgang als auch vom Ergebnis her nicht mehr mit einer gerechten Abwägung zu vereinbarenden Weise fehlgewichtet (3). Ob der Plan darüber hinaus an weiteren durchgreifenden Mängeln leidet, kann letztlich dahinstehen, da seine konzeptionelle Ausgestaltung im Hinblick auf eine sachgerechte Berücksichtigung der Belange des Immissionsschutzes einer grundlegenden Überarbeitung bedarf (4).
39Zu (1):
40Was im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sie sich setzt, steht in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Hierzu gehört auch die Entscheidung, in welchem Umfang sie Gemeindegebietsteile zur Unterbringung von weiteren Wohnungen zur Verfügung stellt. Erforderlich ist eine bauleitplanerische Regelung hiernach nicht nur dann, wenn sie dazu dient, Entwicklungen, die bereits im Gange sind, in geordnete Bahnen zu lenken, sondern auch dann, wenn die Gemeinde die planerischen Voraussetzungen schafft, die es ermöglichen, einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet. Wird mit dem Bebauungsplan das - für sich aus städtebaulichen Gründen ansonsten nicht zu beanstandende - Ziel verfolgt, Wohnbedarf zu decken, ist der Plan erst dann unzulässig, wenn er aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung hat.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19.
42Von Letzterem kann hier keine Rede sein. Dafür, dass eine Realisierung der hier festgesetzten Wohnbauflächen auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen wäre, ist nichts dargetan oder sonst erkennbar. Die Antragsteller verweisen bezüglich des Wohnbedarfs in E. zwar darauf, es seien "rückläufige Zahlen erst kürzlich von der Universität veröffentlicht" worden. Die von der Antragsgegnerin in Abschnitt 3 der Planbegründung angeführten Erwägungen zur Rechtfertigung einer Baulandausweisung werden hierdurch jedoch nicht in Frage gestellt. Insoweit hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar darauf abgestellt, dass der hohen Abwanderungsquote aus der Stadt E. durch Bereitstellung attraktiver Baugrundstücke entgegen gewirkt werden kann. Bei diesen Gegebenheiten war eine Bedarfsanalyse zur städtebaulichen Rechtfertigung der Bebauungsplanung nicht erforderlich.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 1995 - 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 -, BauR 2003, 209 = BRS 65 Nr. 20.
44Ob die durch den Plan geschaffenen Baugrundstücke in der Tat hinreichend at- traktiv sind, um die Erwartungen der Antragsgegnerin erfüllen zu können, ist letztlich keine Frage der städtebaulichen Rechtfertigung des strittigen Plans, sondern hängt von seiner konkreten abwägungsgerechten Konzeption und Ausgestaltung ab.
45Auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin Eigentümerin eines Großteils der Grundstücke im Plangebiet ist und die strittige Planung daher insbesondere auch in ihrem eigenen finanziellen Interesse liegt, steht der städtebaulichen Rechtfertigung des Plans nicht entgegen. Es ist einer Gemeinde unbenommen, sich durch eine kommunale Bodenvorratspolitik Grundflächen zu verschaffen, die bei gegebenem Anlass zur Erfüllung legitimer städtebaulicher Zielsetzungen zum Gegen-stand der Ausweisung von neuen Bauflächen wie auch von Ausgleichsflächen und zu anderen Zwecken gemacht werden. Die Gemeinden sind insbesondere nicht etwa verpflichtet, die Abschöpfung von Planungsgewinnen ausschließlich privaten Grundstückseigentümern zu überlassen. Wie bei Planungen im Interesse privater Investoren hat die Gemeinde allerdings auch bei der Überplanung gemeindeeigener Flächen im Rahmen ihrer - im Nachfolgenden noch zu prüfenden - planerischen Abwägung darauf zu achten, dass die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einen sachgerechten Ausgleich gebracht und nicht etwa im Interesse einer möglichst lukrativen Ausnutzung des betroffenen Areals unvertretbar zurückgesetzt werden.
46Zu (2):
47Der Plan leidet allerdings bereits insoweit an einem beachtlichen Mangel, als die in § 3 Satz 2 der textlichen Festsetzungen getroffenen Regelungen zur Begrenzung der Anzahl der Wohnungen nicht durch eine einschlägige Rechtsgrundlage gedeckt sind.
48Die Antragsgegnerin hat die Regelungen des § 3 der textlichen Festsetzungen insgesamt auf § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gestützt. Diese Vorschrift lässt es lediglich zu, eine höchstzulässige "Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden" festzusetzen. Zwar ist den Gemeinden dadurch nicht vorgegeben, die zulässige Zahl der Wohnungen nur durch eine absolute Zahl je Wohngebäude festzulegen, vielmehr kann sie auch eine Verhältniszahl - etwa je angefangene 100 qm Grundstücksfläche höchstens eine Wohnung - festsetzen.
49Vgl.: BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998
50- 4 C 1.97 -, BRS 60 Nr. 16; Beschluss vom 26. Januar 2005 - 4 BN 4.05 -, JURIS-Dokumentation.
51Dies ändert jedoch nichts daran, dass § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nach seinem eindeutigen Wortlaut nur dazu ermächtigt, die Zahl, d.h. die Anzahl der Wohnungen - sei es in bezug auf die Wohnform (z.B. Ein- oder Zweifamilienhäuser), sei es zur Steuerung der Wohn- oder Besiedlungsdichte eines Gebiets - vorzugeben. Damit ist die in Satz 1 des § 3 der textlichen Festsetzungen des strittigen Bebauungsplans getroffene Vorgabe von maximal einer Wohnung je Wohngebäude zwar von § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gedeckt. Für die in Satz 2 getroffenen weiteren Vorgaben hinsichtlich der Größe (max. 65 qm) und Lage (im Obergeschoss) einer ausnahmsweise zulässigen zweiten (Einlieger-)Wohnung gibt die genannte Vorschrift jedoch nichts her. Auch im übrigen ist eine Rechtsgrundlage für die Vorgabe der Größe bestimmter Wohnungen und ihrer Lage im Wohngebäude nicht ersichtlich.
52Zu (3):
53Der strittige Plan leidet des Weiteren an einem beachtlichen Mangel der Abwägung, soweit es um die Berücksichtigung der Belange des Immissionsschutzes hinsichtlich der neu ausgewiesenen Wohngebiete geht.
54Ein Schwerpunkt der hier vorzunehmenden Abwägung war, die vorgesehenen neuen Bauflächen in einer mit gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB a.F.) noch zu vereinbarenden Weise in das hier durch erhebliche Lärmquellen vorbelastete Plangebiet einzubinden. Insoweit wird in den einleitenden Sätzen des Abschnitts 14 der Planbegründung (Seite 24) zum Immissionsschutz zutreffend ausgeführt:
55"Das Plangebiet liegt innerhalb eines hochverdichteten Siedlungsraums, in dem Lärmimmissionen unterschiedlicher Herkunft wie Verkehrslärm und anlagenbezogener Lärm auf die neue Wohnbebauung einwirken. Laut Umweltplan der Stadt E. bestehen Anhaltspunkte, dass eine zukünftige Wohnbebauung im Plangebiet mit Lärm belastet wird und es wird empfohlen, die Fläche auf ihre Eignung für eine Wohnbebauung oder erforderliche Schallschutzvorkehrungen hin zu untersuchen."
56Richtigerweise hat die Antragsgegnerin daher die Belastung der vorgesehenen Bauflächen durch die das Plangebiet einrahmenden hoch belasteten Verkehrszüge - A 45, T.-----weg , F. -H. -Straße und V.-----------straße - gutachterlich ermitteln und überprüfen lassen. Die insoweit in dem Gutachten des RWTÜV F1. vom 11. Juni 2003 "Geräuschimmissionen durch Straßenverkehr und eine Windkraftanlage im Bebauungsplangebiet T.-----weg ' in E. -P. " - im Nachfolgenden "TÜV-Gutachten" genannt - niedergelegten Ermittlungen der Auswirkungen namentlich der genannten Straßen sind als solche auch nicht zu beanstanden. Für Defizite bei der Ermittlung und Bewertung der Belange im Sinne einer fehlerhaften Aufbereitung des Abwägungsmaterials liegen keine Anhaltspunkte vor; solche sind seitens der Antragsteller auch nicht dargetan. Aus dem insoweit korrekt ermittelten Ausmaß der hier betroffenen Immissionsbelange hat die Antragsgegnerin jedoch nicht die der Sache nach gebotenen Schlussfolgerungen gezogen. Sie hat die Belange des Immissionsschutzes eklatant fehlgewichtet und diese einseitig insbesondere auch zu Gunsten einer in ihrem gemeindeeigenen finanziellen Interesse liegenden wirtschaftlich optimalen Ausnutzung der potentiellen Bauflächen zurückgesetzt. Dies stellt nicht nur einen beachtlichen Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne des hier einschlägigen § 214 Abs. 3 Satz 2 letzter Halbsatz BauGB n.F. dar, sondern begründet auch ein in der Sache nicht vertretbares Abwägungsergebnis.
57Im Einzelnen ist hierzu anzumerken:
58In dem der Planungsentscheidung der Antragsgegnerin zugrunde gelegten TÜV- Gutachten sind die Lärmimmissionen ermittelt worden, die von den das Plangebiet gleichsam einrahmenden hoch belasteten Verkehrswegen ausgehen. Hierbei handelt es sich um folgende Straßenzüge mit folgenden für das Prognosejahr 2010 angesetzten Belastungen des durchschnittlichen Tagesverkehrs (DTV):
59- A 45: 86.200 Kfz/24 h;
60- T.-----weg : 12.480 Kfz/24 h;
61- F. -H. -Straße: 7.270 Kfz/24 h.
62In die Ermittlungen eingeflossen sind auch die Auswirkungen der südlich des Plangebiets verlaufenden, mit der A 45 verknüpften V.-----------straße , für die folgende Prognosebelastungen (DTV im Jahr 2010) angesetzt wurden:
63- Abschnitt nordöstlich der A 45: 15.250 Kfz/24 h;
64- Abschnitt südwestlich der A 45: 8.700 Kfz/24 h.
65Ausgehend von diesen Belastungen und den weiteren im Detail nicht zu beanstandenden Ansätzen nach dem einschlägigen lärmtechnischen Regelwerk (RLS-90) wurden die bei der im Plangebiet vorgesehenen Bebauung zu erwartenden Lärmimmissionen durch den Straßenverkehr ermittelt und in Relation gesetzt zu den Orientierungswerten der DIN 18005 für allgemeine Wohngebiete von 55 dB (A) am Tag bzw. 45 dB(A) in der Nacht. Im Ergebnis ergab sich, dass in allen Bereichen, in denen die vorgesehene Neubebauung an die das Plangebiet umgebenden Straßen heranrückt bzw. von diesen nur durch unbebaute Bereiche getrennt ist, die Orientierungswerte der DIN 18005 weit überschritten werden. Diese Überschreitungen erreichten bei den Erdgeschossen der Neubebauung folgende Größenordnungen:
66- Bei den der F. -H. -Straße zugewandten Westseiten der Neubebauung durchgehend Werte von 9 bis 11 dB (A) am Tag und von 11 bis 13 dB (A) in der Nacht.
67- Bei den dem T.-----weg zugewandten Nordseiten der Neubebauung durchgehend Werte von 11 bis 12 dB (A) am Tag und 13 bis 15 dB (A) in der Nacht.
68- Bei den der A 45 zugewandten Nordost- bzw. Südostseiten der Neubebauung durchgehend Werte von 5 bis 8 dB (A) am Tag und 8 bis 11 dB (A) in der Nacht.
69- Bei den der V.-----------straße zugewandten Südseiten der Neubebauung Werte von 2 bis 6 dB (A) am Tag und 5 bis 10 dB (A) in der Nacht.
70Hinsichtlich der Obergeschosse ergaben die Ermittlungen in verschiedenen Fällen noch um 1 dB (A) höhere Überschreitungen. Des weiteren wurde ermittelt, dass an den weiter im Inneren des Plangebiets gelegenen Baugrundstücken die Orientierungswerte der DIN 18005 jedenfalls dann eingehalten bzw. allenfalls um einige dB (A) überschritten werden, wenn die zwischen diesen Baugrundstücken und den das Plangebiet einrahmenden Straßen vorgesehenen Neubauten errichtet sind.
71In einem ergänzenden Gutachten vom 1. Oktober 2003 - im Nachfolgenden "TÜV-Ergänzungsgutachten" - wurde zusätzlich geprüft, welche Werte bei den im Inneren des Plangebiets gelegenen Baugrundstücken zu erwarten sind, wenn die abschirmenden Randbebauungen zu den das Plangebiet einrahmenden Straßen (noch) nicht errichtet sind. Hier ergaben sich beispielsweise für die Nordseite der zweiten Bauzeile südlich des T1.-----wegs noch Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 in Größenordnungen um 6 dB (A) am Tag und 9 dB (A) in der Nacht sowie für die Nordost- bzw. Südostseiten der jeweils zweiten der A 45 zugewandten neuen Häuser Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 in Größenordnungen bis zu 6 dB (A) am Tag und 10 dB (A) in der Nacht. Des weiteren ergab sich nach den Darlegungen auf Seite 30 der Planbegründung, dass bei allen Gebäuden, würden sie isoliert für sich errichtet, zumindest an einer Seite die Grenzwerte der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete - 59 dB (A) am Tag bzw. 49 dB (A) in der Nacht - überschritten werden.
72Im Rahmen ihrer Abwägungserwägungen, die im Detail auf den Seiten 24 bis 31 der Planbegründung verlautbart sind, hat sich die Antragsgegnerin dafür entschieden,
73- an dem Umfang der vorgesehenen Baulandausweisungen bis unmittelbar an die F. -H. -Straße im Westen, unmittelbar an den T.-----weg im Norden und unmittelbar an den Schutzstreifen der Hochspannungsfreileitung im Osten festzuhalten,
74- auf die Vorgabe von Anlagen aktiven Lärmschutzes (Wall bzw. Wand) bis auf zwei kleinere Ausnahmefälle (Ostrand der südlich des T1.-----wegs vorgesehenen Bauzeile sowie Gartenbereich der neben der Einmündung F. -H. -Straße/In der P1. vorgesehenen Bauzeile) zu verzichten und
75- zur Einhaltung als zumutbar angesehener, in § 8 der textlichen Festsetzungen festgelegter Innenpegel - u.a. 30 dB (A) für Schlafräume nachts und 35 dB (A) für Wohnräume - Maßnahmen passiven Schallschutzes vorzugeben.
76Zugleich ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass durch bestimmte Baukörperanordnungen und Grundrissgestaltungen besonders schützenswerte Räume weitgehend zu den jeweils lärmabgewandten Seiten der Gebäude ausgerichtet werden können und dass es zumeist auch möglich ist, jedenfalls an einer Seite der jeweiligen Gebäude einen abgeschirmten Freisitz anzulegen, bei dem der Tagwert der DIN 18005 von 55 dB (A) als Außenpegel eingehalten bzw. allenfalls geringfügig überschritten wird.
77Der weitgehende Verzicht auf Maßnahmen aktiven Schallschutzes ist im Wesentlichen mit städtebaulichen und finanziellen Erwägungen motiviert. Insoweit ist auf den Seiten 25 bis 29 der Planbegründung ausgeführt:
78Zum östlichen, der A 45 zugewandten Siedlungsrand:
79"In einem ersten Arbeitsschritt wurde geprüft, inwieweit aktive Lärmschutzmaßnahmen zu einer Einhaltung der Orientierungswerte im Neubaugebiet beitragen können. Die Autobahn A 45 als die Hauptlärmquelle liegt östlich des Baugebiets in einem bis zu 10 m tiefen Einschnitt. Die Möglichkeit, direkt an der Böschungskante eine Lärmschutzwand oder einen Wall anzulegen, entfällt, da ein Abschirmeffekt nur in dem Bereich direkt hinter der Wand bzw. dem Wall zu erwarten gewesen wäre, das Baugebiet aber in ca. 150 m Entfernung liegt.
80Berechnungen für eine Lärmschutzwand direkt am östlichen Siedlungsrand zeigen darüber hinaus, dass auch hier die Abschirmwirkung relativ gering und nur im Bereich direkt hinter der Wand spürbar ist. Die Investitionskosten für die dafür notwendige 400 m Lärmschutzwand lägen bei geschätzten 720.000 Euro. Dazu käme ein Drittel der Baukosten als Verlust an entgangenen Grundstückserlösen, so dass insgesamt mit Kosten für die Stadt E. von ca. 1 Mio. Euro zu rechnen wäre. Zudem würde eine Wand die städtebauliche Grundidee konterkarieren, da sich die Siedlung mit den Grünverbindungen in Ost-West-Richtung zum östlich anschließenden Freiraum öffnet und so eine Vernetzung hergestellt werden soll."
81Zum nördlichen, dem T.-----weg zugewandten Siedlungsrand:
82"Aktiver Lärmschutz in Form eines Walls oder einer Wand ist entlang des T. weges aus städtebaulichen Gründen auszuschließen, da es sich um die Nahtstelle zwischen dem gewachsenen Ortskern P. und dem Neubaugebiet handelt. Im Zusammenhang mit der bereits vorhandenen Bebauung auf der Nordseite des T1.-----wegs wird hier ein neuer Ortseingang markiert. Weiterhin würden durch aktive Schallschutzmaßnahmen erhebliche Mehrkosten anfallen. Eine 150 m lange und 6 m hohe Lärmschutzwand würde Kosten von ca. 360.000 Euro verursachen. Zusätzlich würde ein ca. 4 m breiter Streifen Bauland entfallen (Erlösausfall ca. 150.000 EUR). Der Verlust an Bauland würde sich um ein vielfaches steigern, wenn anstatt einer Lärmschutzwand ein Lärmschutzwall angelegt würde. Stattdessen wird ein Konzept umgesetzt, das durch eine geschlossene Bauzeile die dahinter liegenden eigenen Gärten sowie die südlich angrenzenden Baugrundstücke schützt. Der Schutz der Vorderseite der Gebäude ist durch passive Schallschutzmaßnahmen sicherzustellen."
83Zum westlichen, der F. -H. -Straße zugewandten Siedlungsrand:
84"Ein effektiver, aktiver Schallschutz würde durch eine Vielzahl an Zufahrten in das Plangebiet erschwert, so dass eine Abschirmung durch einen durchgehenden Lärmschutzwall auszuschließen ist. Auch kommen an dem bestehenden Gebäude an der F. -H. -Straße aufgrund des geringen Abstands zwischen Gebäude und Straße aktive Schallschutzmaßnahmen durch einen Wall oder eine Wand nicht in Betracht. Allein die Abschirmung der Grundstücke durch eine Lärmschutzwand an der F. -H. -Straße würde bei einer Länge von 350 m Kosten von mindestens 400.000 Euro verursachen. Zusätzlich würden noch Kosten für eine begleitende Lärmschutzwand an den Planstraßen Süd A-D im Bereich der Einmündungen entstehen.
85Diese Abschirmung der Bebauung würde den Charakter der F. -H. -Straße grundlegend ändern. Das Stadtbild würde beeinträchtigt. Ohne die angrenzende Bebauung würde die F. -H. -Straße den Charakter einer reinen Verkehrsstraße erhalten. Das Neubaugebiet würde vom bestehenden Siedlungsbereich gestalterisch und funktional getrennt. Angesichts der Kosten, der stadtstrukturellen und gestalterischen Folgen einer aktiven Schallschutzmaßnahme werden die Häuser durch passive Schallschutzmaßnahmen geschützt. Nördlich der Einmündung Q.------- weg ist die Errichtung von Atriumhäusern möglich, deren innenliegende Teilbereiche durch den umgebenden Baukörper geschützt werden."
86Zum südlichen, der V.-----------straße zugewandten Siedlungsrand:
87"Der Schutz der Gebäude durch eine 250 m lange und 3 m hohe Lärmschutzwand würde Kosten in Höhe von 300.000 Euro verursachen. Zusätzlich würden der Stadt E. Erlöse für Bauland von 240.000 Euro entgehen. Städtebaulich würde es eine gestalterische Abwertung des Ortsrands bewirken und die Bewohner der Grundstücke würden ihre freie Aussicht auf die Höhenzüge des südlich gelegenen B. rückens verlieren."
88Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Antragsgegnerin der Meinung war, die außerordentlich hohen Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 um bis zu 15 dB (A) könnten - ausgehend von dem unverändert verfolgten Plankonzept - hingenommen werden, weil aktivem Lärmschutz vornehmlich stadtgestalterische und fiskalische Gesichtspunkte entgegen zu halten waren. Zumutbarer Lärmschutz sei auch bei den hier in Rede stehenden Außenpegeln im Ergebnis sichergestellt, weil die lärmbeeinträchtigten Gebäudeseiten mit Schallschutzfenstern bis hin zur Schallschutzklasse IV - ggf. mit integrierter Lüftung - versehen würden und bei den Gebäuden im Regelfall jedenfalls an einer lärmabgewandten Gebäudeseite ein Freisitz mit zumutbarem Außenpegel um 55 dB (A) angelegt werden könnte.
89Diesen Erwägungen liegt eine grundlegende Verkennung des objektiv gegebenen Gewichts der Immissionsschutzbelange - hier des Schutzes neuer Wohnbebauung vor Straßenverkehrslärm - zugrunde.
90Gegenstand der vorliegenden Planung ist die Ausweisung neuer Baugebiete in einem bislang praktisch unbebauten Areal, in das mit dem Wohnhaus der Antragsteller und den beiden Nachbarhäusern nur vereinzelt Außenbereichsbebauung eingestreut ist. Werden - wie hier - erstmals neue Wohngebiete geschaffen, ist die Planung insbesondere auch darauf auszurichten, dass in dem betreffenden Gebiet ein den berechtigten Wohnerwartungen und Wohngewohnheiten entsprechendes Wohnen gewährleistet ist. Dieses erfasst sowohl das Leben innerhalb der Gebäude als auch die angemessene Nutzung der Außenwohnbereiche wie Balkone, Terrassen, Hausgärten, Kinderspielplätze und sonstiger Grün- und Freiflächen. Für Wohngebiete, die nicht einer durch andere Störfaktoren verursachten Geräuschbelastung ausgesetzt sind und deren Schutzbedürftigkeit deshalb nicht eingeschränkt ist, setzt die angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse insbesondere voraus, dass innerhalb der Gebäude eine durch Außengeräusche nicht beeinträchtigte Entfaltung des Lebens der Bewohner möglich ist. Dazu gehört - vornehmlich am Tage und in den Abendstunden - die Möglichkeit einer ungestörten Kommunikation im weitesten Sinne unter Einschluss der Mediennutzung (Telefon, Rundfunk, Fernsehen) und - für die Nacht - die Möglichkeit des störungsfreien Schlafens. Dabei ist für diese Anforderungen nicht abzustellen auf die Nutzung der Gebäude nur bei geschlossenen Fenstern. Zu den schützenswerten Wohnbedürfnissen in einem nicht durch Störfaktoren nachteilig vorbelasteten Wohngebiet gehört vielmehr das übliche Wohnverhalten und damit die Möglichkeit des Wohnens und Schlafens auch bei (gelegentlich) geöffneten Fenstern.
91In diesem Sinne bereits: BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 - 4 C 80.74 -, NJW 1976, 1760.
92Ein solchermaßen angemessenes Wohnen ist regelmäßig noch hinreichend gewährleistet, wenn in dem betreffenden (allgemeinen) Wohngebiet die genannten Orientierungswerte des Beiblatts 1 der DIN 18005 eingehalten werden, die im übrigen mit den entsprechenden gebietsbezogenen Richtwerten der TA Lärm zum Schutz insbesondere vor Gewerbelärm
93- soweit diese Richtwerte einen Nachtwert von 40 dB (A) ansetzen, entspricht dieser dem für Gewerbelärm einschlägigen um 5 dB (A) niedrigeren Nachtwert der DIN 18005 -
94und den entsprechenden gebietsbezogenen Grenzwerten der 18. BImSchV zum Schutz vor Lärmimmissionen von Sportanlagen für die Tageszeiten außerhalb der besonders schutzbedürftigen Ruhezeiten am Morgen und Abend sowie Sonntagmittag übereinstimmen.
95Geht man von der Lautheit normaler Sprache in Bereichen von 50 bis 55 dB (A) aus, ist auch im Außenwohnbereich mit einem Dauergeräuschmilieu von ca. 55 dB (A) noch eine angemessene Kommunikation mit leicht angehobenem Sprachpegel möglich, so dass selbst ein Außenpegel von 55 dB (A) noch eine angemessene Nutzung der Außenwohnbereiche zulässt. Geht man ferner davon aus, dass bei (leicht) gekippten Fenstern eine Abschirmwirkung von 10 (bis 15) dB (A) besteht, ist bei einem Außenpegel von 50 bis 55 dB (A) ein Innenpegel von bzw. nahe bei 40 dB (A) gewährleistet. Damit kann bei dem genannten Außenpegel, der einem Innenpegel im Bereich von Flüstersprache entspricht, auch bei (leicht) gekipptem Fenster noch nahezu störungsfrei im Raum kommuniziert werden.
96Vgl. zu alledem: Kuschnerus, Der sachgerechte Bebauungsplan, 3. Aufl. 2004, RdNr. 297 m.w.N..
97Gleichermaßen ist bei einem Außenpegel von bis 45 dB (A) selbst bei (leicht) gekippten Fenstern noch ein Innenpegel von bzw. nahe bei 30 dB (A) gewahrt, der seinerseits noch ein angemessenes Schlafen im Gebäude gewährleistet.
98Zur Angemessenheit der Innenpegel von 40 dB (A) am Tag und 30 dB (A) in der Nacht vgl.: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 4 NB 30.94 - BRS 57 Nr. 2.
99Grundsätzlich hat sich die Planung neuer Wohngebiete hiernach daran auszurichten, dass die neuen Wohnhäuser allenfalls solchen Außenpegeln ausgesetzt sind, die die Orientierungswerte der DIN 18005 jedenfalls nicht überschreiten. Dieser Grundsatz kann allerdings nicht uneingeschränkt gelten. Namentlich in verdichteten großstädtischen Räumen mit einen engen Netz hoch belasteter Verkehrswege und anderen Bereichen emissionsträchtiger (z.B. gewerblicher) Nutzungen ist es gelegentlich kaum zu vermeiden, mit neuen Wohnbauflächen auch dicht an emissionsträchtige Nutzungen heranzurücken. Dies gilt um so mehr, als die Abwägungsdirektive des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden (vgl. § 1a Abs. 1 BauGB a.F. bzw. nunmehr § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB n.F.) einer zunehmenden Ausuferung der Bebauung in Freiräume hinein durchaus Grenzen setzt. Es kann daher im Einzelfall auch durchaus angezeigt sein, neue Wohnbauflächen in bereits vorbelastete Bereiche hinein zu planen, bei denen ggf. eine umfassende Einhaltung der Orientierungswerte als Außenpegel durch aktiven Lärmschutz nicht stets möglich ist. Dementsprechend stellt das Beiblatt 1 der DIN 18005 selbst darauf ab, die Einhaltung oder Unterschreitung der dort festgelegten Orientierungswerte sei "wünschenswert", um die mit der Eigenart des betreffenden Baugebiets oder der betreffenden Baufläche verbundene Erwartung auf angemessenen Schutz vor Lärmbelastung zu erfüllen. Hinzu kommt, dass DIN-Normen ohnehin nicht dem Anspruch normativer Festlegungen gebietsbezogener Grenzwerte genügen, die nur im Wege demokratisch legitimierter Rechtsetzung getroffen werden können. Dementsprechend können die Orientierungswerte des Beiblatts 1 der DIN 18005 für städtebauliche Planungen lediglich als "Orientierungshilfe" bzw. als "grober Anhalt" herangezogen werden. Bei der Bauleitplanung darf von ihnen daher in gewissem Umfang abgewichen werden, wobei entscheidend ist, ob die Abweichung auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Orientierungswerte als "Orientierungshilfe" noch im Einzelfall mit dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 (früher: § 1 Abs. 6 BauGB) vereinbar ist.
100Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 -, BRS 50 Nr. 25, wonach eine Überschreitung der Orientierungswerte um 5 dB(A) das Ergebnis einer gerechten Abwägung sein kann.
101Dieser Abwägung hatte sich die Planung der Antragsgegnerin hier jedoch insgesamt und nicht nur - wie geschehen - in ihren Details zu stellen.
102Führt eine Bebauungsplanung dazu, dass neue emissionsträchtige Nutzungen wie Gewerbegebiete oder neue Verkehrswege an schutzbedürftige immissionsempfindliche (Wohn-)Nutzungen dicht heran rücken, ist die Gemeinde nach dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG nicht von der Pflicht entbunden, die besondere Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung in ihre Abwägung einzustellen. Sie hat als Ortsgesetzgeber ihre Festsetzungsmöglichkeiten zu nutzen, um im Rahmen sachgerechter Abwägung vor unverträglichen Einwirkungen zu schützen, sie tunlichst zu vermeiden oder jedenfalls zu mindern.
103Vgl. zu § 50 BImSchG: BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 4 BN 16.04 -, ZfBR 2005, 71.
104Dieser Grundsatz gilt zwar - wie das BImSchG generell - unmittelbar nur für Planungen, die neue dem BImSchG unterliegende Anlagen und Verkehrswege ermöglichen (vgl. § 2 Abs. 1 BImSchG). Er ist jedoch entsprechend anzuwenden, wenn - wie hier - neue Wohngebiete in bereits erheblich vorbelastete Gebiete hinein geplant werden. Auch in diesen Fällen hat sich die Planung primär daran auszurichten, unverträgliche Einwirkungen tunlichst zu vermeiden. Insoweit gilt für den Schutz von Wohnbebauung vor Immissionen der Sache nach nichts anderes als beispielsweise im Bereich des Naturschutzes. Auch dort ist jedenfalls dann, wenn gravierende Beeinträchtigungen in Rede stehen, auf den sich anbahnenden Konflikt unterschiedlicher Interessen konzeptionell zu antworten.
105Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1997
106- 4 NB 27.96 -, BRS 59 Nr. 8.
107Es ist daher verfehlt, einen bislang praktisch unbebauten Freiraum im Außenbereich, der - wie hier - rundum von erheblichen Lärmquellen umgeben ist, zunächst jeweils bis an den äußersten Rand des bautechnisch Vertretbaren für neue Wohnbebauung vorzusehen und mit Blick auf die sodann ermittelten hohen Lärmbelastungen der Wohngebäude mit Überschreitungen der Orientierungswerte der DIN 18005 bis zu weit über 10 dB (A) - mithin bis in den Bereich der für Gewerbegebieten einschlägigen Orientierungswerte - diese konzeptionelle Ausgestaltung nicht mehr in Frage zu stellen, sondern die künftigen Bewohner des Gebiets weitgehend auf architektonische Selbsthilfe und passiven Lärmschutz zu verweisen. Der Plangeber muss sich jedenfalls dann, wenn so gravierende nachteilige Belastungen durch Immissionen wie hier in Rede stehen, im Rahmen seiner planerischen Abwägung auch abwägend damit befassen, inwieweit ggf. bereits durch graduelle oder auch strukturelle Abstriche an den Planzielen, namentlich einer intensiven baulichen Ausnutzung bestimmter Flächen, oder anderweitige Ausgestaltungen der im Plangebiet vorgesehenen Nutzungen die nachteiligen Belastungen vermieden oder jedenfalls die Möglichkeiten zu ihrer Minderung deutlich verbessert werden können. Notfalls muss er sich sich der Erkenntnis beugen, dass der betreffende Bereich für eine Wohnnutzung teilweise oder gar insgesamt nicht geeignet ist.
108Eine solche Betrachtung war hier umso mehr angezeigt, als die von der Antragsgegnerin im strittigen Bebauungsplan getroffenen Baulandausweisungen nicht etwa primär der möglichst kurzfristigen Deckung eines aktuell gegebenen Bedarfs dienen, sondern in besonderem Maße dadurch motiviert sind, im Interesse des Gemeindehaushalts gemeindeeigene Grundstücke möglichst umfassend lukrativ als Bauland vermarkten zu können. Die Antragsgegnerin hat sich bei ihrer planerischen Abwägung hier daher nicht darauf beschränken dürfen, nur solche Maßnahmen zur Minderung der Belastung der neuen Wohngebiete durch hohe Verkehrslärmimmissionen zu prüfen, die ohne Abstriche bzw. Veränderungen an ihrem Plankonzept in Betracht kamen.
109Dies gilt hier in besonderem Maß, da solche konzeptionellen Veränderungen im vorliegenden Fall durchaus möglich erscheinen, wie die nachfolgenden Erwägungen verdeutlichen:
110- Für die südlich des T1.-----wegs geplante Bebauung hat sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen, eine durchgehende zweigeschossige Bauzeile vorzusehen, die der Sache nach die Funktion eines "bewohnten Lärmschutzwalls" für die dahinter liegende weitere Bebauung übernehmen und zugleich sicherstellen soll, dass die künftigen Bewohner zumindest in den von der Straße abgewandten Gartenbereichen eine verträgliche Aufenthaltsqualität erhalten. Demgegenüber wäre es ohne weiteres möglich gewesen, hier aktiven Lärmschutz in Form einer Wand oder eines Walls vorzusehen. Dem hat die Antragsgegnerin letztlich nur fiskalische Erwägungen sowie den stadtgestalterischen Aspekt der "Markierung eines neuen Ortseingangs" entgegengehalten, die im Rahmen sachgerechter Abwägung zugunsten einer dem üblichen Wohnverhalten entsprechenden Ausgestaltung der neuen Wohngebäude durchaus hätten zurücktreten können.
111- Der Verzicht auf Maßnahmen aktiven Lärmschutzes entlang der Ostseite der F. -H. -Straße ist neben fiskalischen Erwägungen zum einen mit der Vielzahl an Zufahrten in das Plangebiet motiviert worden. Deren Notwendigkeit ist keineswegs vorgegeben und könnte bei einer anderweitigen inneren Erschließung des Plangebiets weitgehend entfallen. Hinsichtlich des weiter betonten "Charakters" der F. -H. -Straße ist anzumerken, dass diese an der dem Plangebiet gegenüberliegenden Westseite jedenfalls weitgehend ohnehin nicht angebaut, sondern von den Gärten der angrenzenden Wohngrundstücke gesäumt ist.
112- Der Verzicht auf aktiven Lärmschutz entlang der Südseite des Plangebiets ist neben fiskalischen Erwägungen mit einer "gestalterischen Abwertung des Ortsrands" und Beeinträchtigungen der Fernsicht motiviert. Auch diese Aspekte können bei einer sachgerechten Abwägung zugunsten eines effektiven Lärmschutzes ohne weiteres zurückgestellt werden.
113- Schließlich ist bezüglich des Verzichts auf aktiven Lärmschutz am Ostrand des Plangebiets keineswegs vorgegeben, dass die "stadtgestalterische Grundidee" einer Öffnung des Plangebiets zum östlichen Freiraum - mithin zu den beiden Hochspannungsfreileitungen und der dahinter liegenden Autobahn - keine Abstriche verträgt.
114Insgesamt betrachtet lässt sich feststellen, dass konzeptionelle Änderungen des Plans zur Sicherstellung eines effektiveren Schutzes der künftigen Bewohner des Gebiets vor Lärmimmissionen keineswegs ausgeschlossen sind. Sie würden zwar die zu erwartenden finanziellen Erlöse aus der Vermarktung des Baulands deutlich mindern, solche fiskalischen Aspekte rechtfertigen es jedoch nicht, den Schutz neuer Wohnbebauung durch aktiven Lärmschutz praktisch vollständig zurückzustellen.
115Dies gilt auch hinsichtlich der der Autobahn A 45 zugewandten Ostseite der neuen Baugebiete. Zwar ist im TÜV-Gutachten auf Seite 15 nachvollziehbar dargelegt, dass die Errichtung einer zusätzlichen Wand oder eines Walls am Rand der Böschung keine wesentliche Minderung der Geräusche am Rand der Wohnbauflächen bewirken würde, wie eine Voruntersuchung im Laufe des Planverfahrens ergeben hatte; immerhin wäre eine solche Schutzanlage deutlich über 150 m von der Achse der Autobahn entfernt. Keine Aussage enthält das TÜV- Gutachten jedoch zur Wirkung aktiven Lärmschutzes am östlichen Siedlungsrand etwa neben der Hochspannungsleitung. Insoweit ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass eine solche Anlage, wie seitens der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertieft wurde, nur wenig Vorteile bringen würde. Nach den allgemeinen Erkenntnissen der Akustik erzielt man die höchsten Abschirmwirkungen, wenn die Schutzanlage möglichst dicht an der Schallquelle oder - wie bei der hier betrachteten Alternative - möglichst dicht am Immissionsort errichtet wird.
116Vgl.: Müller "Technische Akustik im Immissionsschutz" in Lärmschutz in der Praxis 1986, S. 59.
117Der östliche Siedlungsrand läge immerhin im Lärmschatten einer solchen Anlage und könnte damit durchaus - je nach der konzeptionellen Ausgestaltung der Bauflächen und der Schutzanlage - in beachtlichem Maß geschützt werden.
118Entgegen der seitens der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung ist für eine entsprechende Anwendung von § 41 Abs. 2 BImSchG hingegen kein Raum. Diese Vorschrift lässt den Verzicht auf einen an sich gebotenen aktiven Lärmschutz und den Verweis auf passiven Lärmschutz uneingeschränkt zu, "soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen". Sie ist jedoch - wie das BImSchG generell - nur anwendbar beim Bau und der wesentlichen Änderung von öffentlichen Straßen und anderen Verkehrswegen. Wie die Grenzwerte der 16. BImSchV, die deutlich über den Orientierungswerten der DIN 18005, den Richtwerten der TA Lärm und den Grenzwerten der 18. BImSchV liegen, zielt auch die Sonderregelung des § 41 Abs. 2 BImSchG der Sache nach darauf ab, im Interesse eines noch finanzierbaren öffentlichen Verkehrsnetzes und damit letztlich im Gemeinwohlinteresse vorhandener Wohnbebauung nachteiligere Lärmbelastungen zuzumuten als dies gegenüber anderen Lärmquellen der Fall ist. Für die hier interessierende Frage, welcher Lärmschutz bei der Ausweisung neuer Wohngebiete angemessen ist, sind die in § 41 Abs. 2 BImSchG normierten Grundsätze
119- zu ihrer Anwendung vgl. jüngst: BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 4 B 75.04 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 42 -
120hingegen nicht einschlägig. Diese Frage hat sich vielmehr nach den bereits genannten Abwägungskriterien zu richten, denen sich - wie dargelegt - auch schon die konzeptionellen Überlegungen zur Planung neuer Wohngebiete zu stellen haben.
121Dabei verkennt der Senat nicht, dass es namentlich in großstädtischen Bereichen Situationen geben kann, in denen etwa im Rahmen der Schließung innerörtlicher Lücken und einer Nachverdichtung der Bebauung auch bei hohen Außenpegeln Wohngebietsausweisungen unter Verweis auf bloßen passiven Schallschutz in Betracht kommen können, wenn die Außenpegel jedenfalls die im Bereich von 70 bis 75 dB (A) am Tag bzw. 60 bis 65 dB (A) in der Nacht liegende Grenze zur absoluten Unvertretbarkeit bzw. Gesundheitsgefahr
122- vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 4 B 75.04 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 42 m.w.N. -
123noch nicht überschreiten. Um eine solche Fallgestaltung geht es hier jedoch nicht. Der strittige Bebauungsplan zielt vielmehr darauf ab, in einem bislang praktisch unbebauten Freiraum erstmals ein großflächiges Baugebiet zu schaffen, das ausschließlich dem Wohnen und den weiteren in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen dienen soll. Bei einer solchen Planung ist es regelmäßig unvertretbar, die neue Wohnbebauung in den äußeren Bereichen des neuen Baugebiets Außenpegeln auszusetzen, die die Orientierungswerte der DIN 18005 um bis zu 10 dB (A) bzw. sogar bis zu 15 dB (A) überschreiten, und die Bewohner zum Schutz des Wohnens und Schlafens im Gebäude auf passiven Schallschutz sowie darauf zu verweisen, dass eine angemessene Nutzung von Außenwohnbereichen allenfalls an einzelnen Gebäudeseiten möglich ist. Dies gilt jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen, nach denen konzeptionelle Umgestaltungen der baulichen Ausnutzungen des Plangebiets zur Gewährleistung besseren Lärmschutzes - wie dargelegt - durchaus möglich erscheinen und Maßnahmen zum aktiven Lärmschutz letztlich nur fiskalische Aspekte und im Rahmen sachgerechter Abwägung durchaus überwindbare stadtgestalterische Erwägungen entgegenstehen.
124Zu (4):
125Erweist sich nach alledem, dass der strittige Bebauungsplan bereits aus mehreren Gründen an zu seiner Unwirksamkeit führenden Mängeln leidet, kann letztlich dahinstehen, ob er auch mit weiteren durchgreifenden Mängeln bei der Ermittlung und Bewertung der Belange sowie beim abwägenden Ausgleich der Belange untereinander leidet. Zwar dürfte der zu (2) erörterte Mangel die Wirksamkeit des gesamten Plans nicht tangieren, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Antragsgegnerin im Zweifel auch einen Plan ohne die einer Rechtsgrundlage entbehrenden Regelungen des § 3 Satz 2 der textlichen Festsetzungen zur ausnahmsweisen Zulässigkeit einer zweiten Wohneinheit beschlossen hätte. Der zu (3) erörterte Mangel bei der Berücksichtigung der Immissionsbelange ist jedoch so gravierend, dass die hier strittige Planung einer grundlegenden konzeptionellen Überarbeitung bedarf. Einer näheren Erörterung, ob etwa die von den Antragstellern weiterhin angesprochenen Aspekte der Niederschlagswasserbeseitigung, der Belastung der neuen Bauflächen durch "Elektrosmog", einer Berücksichtigung der bergbaubedingten Beeinträchtigungen sowie einer hinreichenden Berücksichtigung des planbedingten zusätzlichen Verkehrsaufkommens sachgerecht abgewogen sind, bedarf es angesichts dessen nicht.
126Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
127Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
128Der Senat hat die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil die rechtlichen Maßstäbe, die für den zu (3) bejahten und zur Unwirksamkeit des Bebauungsplan insgesamt führenden Mangel einschlägig sind, namentlich die Fragen einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze des § 50 BImSchG einerseits und des § 41 Abs. 2 BImSchG andererseits auf die Planung neuer Wohngebiete, grundsätzliche Bedeutung haben.
129